Was ist eine virtuelle Fabrik, und wie sie die industrielle Digitalisierung Realität werden lassen

Virtuelle Fabriken helfen Fertigungsunternehmen, neue Möglichkeiten zu erschließen, von der Planung bis zum Betrieb.
by James McKenna

Um dem Umstieg auf Elektrofahrzeuge, der erhöhten Halbleiternachfrage, der Rückverlagerung von Produktion und den Ambitionen für mehr Nachhaltigkeit gerecht zu werden, investieren Hersteller in neue Fabrikentwicklungen und überarbeiten bestehende Anlagen.

Solche Projekte sprengen aufgrund von komplexen und manuellen Planungsprozessen, veralteter Technologieinfrastruktur und voneinander getrennten Tools, Daten und Teams in vielen Fällen den Budget- und Zeitrahmen.

Virtuelle Fabriken und Digitalisierung gehen diese Herausforderungen an und werden darum von Fertigungsunternehmen gerne genutzt. Eine virtuelle Fabrik, die von Technologien wie digitalen Zwillingen, dem Ökosystem Universal Scene Description (OpenUSD) und generativer KI unterstützt wird, bietet neue Möglichkeiten von der Planung bis zum Betrieb.

Was ist eine virtuelle Fabrik?

Eine virtuelle Fabrik ist eine physisch genaue Darstellung einer echten Fabrik. Die digitalen Zwillinge von Fabriken ermöglichen es Fertigungsunternehmen, Produktionsprozesse, Ressourcen und Betriebsabläufe zu modellieren, zu simulieren, zu analysieren und zu optimieren, ohne dass ein physischer Prototyp oder eine Pilotanlage erforderlich ist.

Vorteile von virtuellen Fabriken

Virtuelle Fabriken bieten Fertigungsunternehmen viele Vorteile und Möglichkeiten, darunter:

  • Vereinfachte Kommunikation: Anstelle von Teams, die für die Projektabstimmung persönliche Treffen und statische Planungsdokumente verwenden müssen, erleichtern virtuelle Fabriken die Kommunikation und sorgen dafür, dass kritische Design- und Betriebsentscheidungen auf der Grundlage der aktuellsten Daten getroffen werden.
  • Kontextbasierte Planung: Bei der Planung, Konstruktion und Inbetriebnahme von Anlagen ermöglichen virtuelle Fabriken Projektbeteiligten eine Visualisierung von Designs im Kontext der gesamten Anlage und des gesamten Produktionsprozesses. Planungs- und Betriebsteams können erstellte Strukturen mit den virtuellen Designs in Echtzeit vergleichen und verifizieren und Kosten senken, indem sie Fehler identifizieren und Feedback frühzeitig in den Überprüfungsprozess einbinden.
  • Optimierte Anlagenentwürfe: Durch die Verbindung virtueller Fabriken mit Simulationen von Prozessen und diskreten Ereignissen können Teams Anlagenentwürfe in Bezug auf Produktion und Materialfluss, ergonomisches Arbeitsdesign, Sicherheit und Gesamtauslastung optimieren.
  • Intelligente und optimierte Abläufe: Betriebsteams können ihre virtuellen Fabriken mit wertvollen Produktionsdaten aus dem Internet der Dinge (IoT), die aus dem Edge-Bereich stammen, integrieren und KI nutzen, um weitere Optimierungen vorzunehmen.

Virtuelle Fabriken: Ein Testfeld für KI und Robotik

Roboterentwickler nutzen zunehmend virtuelle Fabriken, um KI und autonome Systeme zu trainieren und zu testen, die in physischen Fabriken ausgeführt werden. Virtuelle Fabriken können es Entwicklern und Fertigungsteams beispielsweise ermöglichen, digitale Mitarbeiter und autonome mobile Roboter (AMRs), Vision-KI-Agenten und Sensoren zu simulieren, um eine zentralisierte Karte der Mitarbeiteraktivitäten im gesamten Werk zu erstellen. Durch die Verschmelzung von Daten aus simulierten Kamerastreams mit Multi-Kamera-Tracking können Entwickler Belegungskarten erstellen, die zur Optimierung von AMR-Routen beitragen.

Entwickler können diese physisch präzisen virtuellen Fabriken zudem nutzen, um KI-Agenten zu trainieren und zu testen, die Roboterflotten verwalten. So wird sichergestellt, dass sich KI-gestützte Roboter an unvorhersehbare Ereignisse in der Praxis anpassen können. Darüber hinaus lassen sich optimierte Konfigurationen für die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Roboter ermitteln.

Was sind die Grundlagen einer virtuellen Fabrik?

Die Entwicklung großer, physisch akkurater virtueller Fabriken, mit denen diese Transformationsmöglichkeiten realisierbar sind, erfordert viele Tools, Datenformate und Techniken. Diese werden benötigt, um die Darstellung realer Aspekte in der digitalen Welt zu harmonisieren.

Das ursprünglich von Pixar Animation Studios ins Leben gerufene OpenUSD-Framework umfasst eine Sammlung von Tools und Funktionen, die für jene Dateninteroperabilität sorgen, die Entwickler und Fertigungsunternehmen zur Erreichung ihrer Digitalisierungsziele brauchen.

Was OpenUSD so besonders macht, ist die flexible Datenmodellierung. 3D-Eingaben können von Quellanwendungen erfasst und über eine vereinheitlichte Datenpipeline mit einer Vielzahl von Daten kombiniert werden. Dazu können computergestützte Designsoftware, Live-Sensoren, Dokumentationen und Wartungsdatensätze gehören. OpenUSD erlaubt es Entwicklern, diese Datentypen über verschiedene Simulationstools und KI-Modelle hinweg zu teilen, sodass sich Erkenntnisse für alle Interessengruppen gewinnen lassen. Daten können von der Fabrikhalle aus mit dem digitalen Zwilling synchronisiert werden, um Fabrikmanagern und -teams Echtzeiteinblicke zu liefern.

Durch die Entwicklung von auf OpenUSD basierenden Lösungen für virtuelle Fabriken können Entwickler die Zusammenarbeit von Fabrikteams verbessern, sodass sie Pläne leichter prüfen, Optimierungsmöglichkeiten besprechen und Entscheidungen in Echtzeit treffen können.

Um die Entwicklung des OpenUSD-Technologieumfelds zu unterstützen und zu beschleunigen, haben Pixar, Adobe, Apple, Autodesk und NVIDIA die Alliance for OpenUSD gegründet, die offene Standards für USD in den Bereichen Kernspezifikationen, Materialien, Geometrie und mehr erarbeitet.

Industrielle Anwendungsfälle für virtuelle Fabriken

Um das Potenzial virtueller Fabriken zu erschließen, entwickeln Branchenführer wie Autodesk, Continental, Pegatron, Rockwell Automation, Siemens und Wistron Lösungen für virtuelle Fabriken, die mit OpenUSD und NVIDIA Omniverse zusammenarbeiten. NVIDIA Omniverse ist eine Plattform mit APIs und Software Development Kits, die es Entwicklern ermöglichen, auf der Grundlage von OpenUSD Anwendungen für komplexe 3D- und industrielle Digitalisierungs-Workflows zu erstellen.

FlexSim, ein Autodesk-Unternehmen, nutzt OpenUSD, um mit seiner Simulationsmodellierung für komplexe Systeme und Abläufe Fabrikteams in die Lage zu versetzen, reale Prozesse zu analysieren, zu visualisieren und zu optimieren. Die Simulationssoftware für diskrete Ereignisse bietet eine intuitive Drag-and-Drop-Oberfläche zur Erstellung von 3D-Simulationsmodellen, zur Berücksichtigung realer Schwankungen, zur Ausführung von „Was-wäre-wenn“-Szenarien und zur Durchführung gründlicher Analysen.

Entwickler bei Continental, einem führenden deutschen Automobilzulieferer, haben ContiVerse entwickelt, eine Anwendung für die Planung von Fabriken und Produktionsabläufen auf Basis von OpenUSD und NVIDIA Omniverse. Die Anwendung hilft Continental bei der Optimierung von Fabrikentwürfen und der kollaborativen Planung von Produktionsprozessen, was zu einer Verkürzung der Markteinführungszeiten um erwartete 13 % geführt hat.

In Zusammenarbeit mit dem IT-Beratungs- und Digitaldienstleister SoftServe hat Continental außerdem den Industrial Co-Pilot entwickelt, der KI-gestützte Erkenntnisse mit immersiver Visualisierung verbindet, um Ingenieuren Anleitungen und vorausschauende Analysen in Echtzeit zu liefern. Es wird erwartet, dass dies den Wartungsaufwand und Ausfallzeiten um 10 % reduzieren wird.

Pegatron, einer der weltweit größten Hersteller von Smartphones und Unterhaltungselektronik, entwickelt auf Grundlage von OpenUSD Lösungen für virtuelle Fabriken, um den Bau neuer Fabriken zu beschleunigen sowie Änderungsaufträge zu minimieren, Betriebsabläufe zu optimieren und den Durchsatz von Produktionslinien in bestehenden Anlagen zu maximieren.

Rockwell Automation integriert NVIDIA Omniverse Cloud-APIs und OpenUSD in seine digitale Zwillingssoftware namens Emulate3D, um Fertigungsteams Dateninteroperabilität, Live-Zusammenarbeit und physische Visualisierung für die Planung, Entwicklung und Ausführung digitaler Zwillinge von Produktionssystemen im industriellen Maßstab zu ermöglichen.

Siemens, ein führendes Technologieunternehmen für Automatisierung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit und Mitglied der Alliance for OpenUSD, nutzt Omniverse Cloud-APIs in seiner Siemens Xcelerator-Plattform, beginnend mit Teamcenter X, der branchenführenden Cloud-basierten Software für die Verwaltung des Lebenszyklus von Produkten. Das wird Teams dabei helfen, Produkte, Fertigungsprozesse und Fabriken der nächsten Generation virtuell zu entwerfen, zu entwickeln und zu testen, bevor sie in der realen Welt gebaut werden.

Wistron, ein weltweit führender Technologiedienstleister und Elektronikhersteller, digitalisiert mit OpenUSD neue und bestehende Fabriken. Durch die Entwicklung von Lösungen für virtuelle Fabriken auf Grundlage von NVIDIA Omniverse ermöglicht Wistron seinen Fabrikteams Remote-Zusammenarbeit, wenn es darum geht, Layout-Konfigurationen zu verfeinern, Oberflächenmontagetechnologie und In-Circuit-Testlinien zu optimieren und Produkt-auf-Dock-Tests zu transformieren.

Mit diesen Lösungen konnte Wistron die Effizienz seiner Mitarbeiter um 51 % steigern und die Produktionszeiten um 50 % reduzieren. Entwurfsoptimierung und Echtzeit-Überwachung haben die Fehlerquote um 40 % gesenkt. Und die Bauzeit der neuen NVIDIA DGX-Fabrik von Wistron konnte von etwa fünf Monaten auf nur zweieinhalb Monate halbiert werden.

Erfahren Sie mehr auf der Seite Anwendungsfälle für virtuelle Fabriken über die Entwicklung fortschrittlicher, von generativer KI unterstützter Lösungen für virtuelle Fabriken. Entwickler können mit einer Referenzarchitektur beginnen, die einen Überblick über die Komponenten und Funktionen, die bei der Entwicklung von Virtual-Factory-Lösungen zu berücksichtigen sind, bietet.

Legen Sie los mit NVIDIA Omniverse, indem Sie die kostenlose Standardlizenz herunterladen. Greifen Sie außerdem auf OpenUSD-Ressourcen zu und erfahren Sie, wie Omniverse Enterprise Ihr Team besser vernetzen kann. Bleiben Sie bei Instagram, Medium und X auf dem Laufenden. Weitere Informationen finden Sie in der Omniverse-Community in den Foren, auf dem Discord-Server, bei Twitch und in den YouTube-Kanälen.

Das Bildmaterial wurde mit freundlicher Genehmigung von Siemens zur Verfügung gestellt.