Eine Produktionsstätte in der Nähe von Hsinchu, im taiwanesischen Silicon Valley, gehört zu den weltweiten Einrichtungen, die die Energieeffizienz mit KI-fähigen digitalen Zwillingen steigern.
Ein virtuelles Modell kann dazu beitragen, den Betrieb zu rationalisieren und den Durchsatz für sein physisches Gegenstück zu maximieren, sagen Ingenieure bei Wistron, einem weltweit tätigen Entwickler und Hersteller von Computern und Elektroniksystemen.
Im ersten von mehreren Anwendungsfällen konstruierte das Unternehmen eine digitale Kopie eines Raums, in dem NVIDIA DGX-Systeme thermischen Belastungstests unterzogen werden (siehe Bild oben). Die ersten Ergebnisse waren beeindruckend.
Erstellen von intelligenten Simulationen
Mithilfe von NVIDIA Modulus, einem Framework zur Erstellung von KI-Modellen, die die Gesetze der Physik verstehen, entwickelte Wistron digitale Zwillinge, die eine genaue Vorhersage des Luftstroms und der Temperatur in Testanlagen ermöglichen, die zwischen 27 und 32 Grad Celsius liegen müssen.
Eine Simulation, die mit herkömmlichen Methoden auf einer CPU fast 15 Stunden gedauert hätte, dauerte auf einem NVIDIA-Grafikprozessor, der ein mit Modulus entwickeltes KI-Modell ausführt, nur 3,3 Sekunden – das ist eine sagenhafte 15.000-fache Beschleunigung.
Die Ergebnisse wurden in Tools und Anwendungen eingespeist, die von Wistron-Entwicklern mit NVIDIA Omniverse – einer Plattform zur Erstellung von 3D-Workflows und -Anwendungen auf der Basis von OpenUSD – entwickelt wurden.
Der digitale Zwilling von Wistron aus der Vogelperspektive
Mit der Omniverse-basierten Software hat Wistron realistische und immersive Simulationen erstellt, mit denen die Operatoren über VR-Headsets interagieren. Und dank der KI-Modelle, die sie mit Modulus entwickelt haben, richten sich die Luftströme in der Simulation nach den Gesetzen der Physik.
„Physik-informierte Modelle ermöglichen es uns, den Testprozess und die Raumtemperatur nahezu in Echtzeit remote zu steuern, was Zeit und Energie spart“, sagt John Lu, Manufacturing Operations Director bei Wistron.
Insbesondere kombinierte Wistron separate Modelle zur Vorhersage von Lufttemperatur und Luftstrom, um das Risiko einer Überhitzung im Testraum zu eliminieren. Außerdem wurde ein Empfehlungssystem erstellt, um die besten Standorte zum Testen von Computer-Baseboards zu ermitteln.
Der digitale Zwilling, der mit Tausenden von vernetzten Sensoren verbunden ist, ermöglichte es Wistron, die Gesamtenergieeffizienz der Anlage um bis zu 10 % zu steigern. Das entspricht einem geringeren Stromverbrauch von bis zu 121.600 kWh pro Jahr und einer Reduzierung der Kohlenstoffemissionen um beachtliche 60.192 Kilogramm.
Eine wachsende Initiative
Derzeit erweitert die Gruppe ihr KI-Modell, um mehr als hundert Variablen in einem Raum zu verfolgen, der 50 Computer-Racks fasst. Das Team simuliert außerdem alle mechanischen Details der Server und Tester.
„Das endgültige Modell wird uns dabei helfen, die Testplanung und die Energieeffizienz der Klimaanlage der Anlage zu optimieren“, so Derek Lai, Technical Supervisor bei Wistron und Experte für physik-informierte neuronale Netzwerke.
Mit Blick auf die Zukunft: „Die Tools und Anwendungen, die wir mit Omniverse entwickeln, helfen uns, das Layout unserer DGX-Fabriken zu verbessern, um den besten Durchsatz zu erzielen und die Effizienz weiter zu steigern“, so Lu.
Effiziente Energieerzeugung
Siemens Energy demonstriert auf der anderen Seite der Erde die Leistungsfähigkeit der digitalen Industrialisierung mit Modulus und Omniverse.
Das in München ansässige Unternehmen, dessen Technologie ein Sechstel des weltweiten Stroms erzeugt, erzielte eine 10.000-fache Beschleunigung durch die Simulation eines Dampfgenerators mit Wärmerückgewinnung mithilfe eines physik-informierten KI-Modells (siehe Video unten).
Durch den Einsatz eines digitalen Zwillings zur frühzeitigen Erkennung von Korrosion können diese massiven Systeme die Ausfallzeiten um 70 % reduzieren. Im Vergleich zu einer Standardsimulation, die einen halben Monat dauert, kann die Branche dadurch jährlich 1,7 Milliarden Dollar einsparen.
„Die reduzierte Rechenzeit ermöglicht es uns, energieeffiziente digitale Zwillinge für ein nachhaltiges, zuverlässiges und erschwingliches Energie-Ökosystem zu entwickeln“, sagte Georg Rollmann, Head of Advanced Analytics and AI bei Siemens Energy.
Digitale Zwillinge: Impulsgeber für Wissenschaft und Industrie
Automobilunternehmen setzen die Technologie bei der Konzeption neuer Fahrzeuge und Fertigungsanlagen ein. Wissenschaftler nutzen die Lösung in so unterschiedlichen Bereichen wie Astrophysik, Genomik und Wettervorhersage. Sogar ein digitaler Zwilling der Erde wird damit erstellt, um die Auswirkungen des Klimawandels zu verstehen und abzumildern.
Physiksimulationen, die in der Regel auf Systemen der Supercomputer-Klasse ausgeführt werden, verbrauchen jedes Jahr schätzungsweise 200 Milliarden CPU-Kernstunden und 4 Terawattstunden Strom. Physik-informierte KI beschleunigt diese komplexen Workflows im Durchschnitt um das 200-Fache und spart dabei Zeit, Kosten und Energie.
Weitere Einblicke erhalten Sie in einem Vortrag auf der GTC (GPU Technology Conference), in dem die Arbeit von Wistron beschrieben wird, sowie in einer Podiumsdiskussion über Branchen, die generative KI einsetzen.
Erfahren Sie mehr über die Auswirkungen von beschleunigtem Computing auf die Nachhaltigkeit.